Coronataufe

Wir freuen uns auf die Taufe. Auch wenn es schwierige Zeiten sind, es ist ein wichtiges Ereignis für einen kleinen Erdenbürger. Die Eltern haben den Termin vor sich hergeschoben, in der Hoffnung, eine Feier ohne Einschränkungen begehen zu können. Doch jetzt muss es sein, bevor der Junge laufen kann. Coronakonform – wir ahnten noch nicht, was das bedeuten würde.

Pünktlich treffen wir auf dem Parkplatz vor der Kirche ein. Um die Kirche heult der Wind mit eiskaltem Atem. Mit Abstand und Winken begrüßen wir die wenigen Anwesenden. Nur zehn (!) Personen, plus Täufling, sind zugelassen. Der hat großen Bewegungsdrang, zappelt auf Mutters Arm. Beim Eintritt in die leere Kirche tragen wir uns pflichtschuldigst in die Anwesenheitsliste mit Telefonnummer und E-Mail Adresse ein. Die Küsterin weist uns die Plätze an. Weit auseinander, immer am Ende jeder Bank, links und rechts je eine Person, dann wieder in der übernächsten Bank. Täufling klettert unbekümmert herum und bestaunt die FFP 2-vermummten Gesichter. Die Pfeifen der großen Orgel würden Aerosole zerstäuben und sie muss darum die Luft anhalten. Ersatzweise baut der Musiker eine elektronische Orgel auf. Die Küsterin entfacht Kerzen. Wir warten.

Dann nähert sich hinter uns im Mittelgang ein langsames, schlurfendes Geräusch, das jedem Hitchcock-Film zur Ehre gereicht hätte. Der gesundheitlich schwer angeschlagene Pfarrer bemüht sich, ohne Hilfe den Altar zu erreichen. Die Küsterin hat ihm vor den Stufen einen Stuhl hingestellt. Auch wenn die Anwesenden nur murmelnd ihre Antworten und Bestätigungen, die während der Liturgie üblich sind, hören lassen, so läuft der Gottesdienst routiniert ab. Langsam lässt sich der Pfarrer nieder, hält mit geschlossenen Augen eine eindrucksvolle Predigt.

Dann steigt er mühsam die drei Stufen zum Altar hinauf und später noch beschwerlicher wieder herunter. Eine Hilfe lehnt er ab. Es ist kalt in der Kirche. Bei der Taufzeremonie wird dem Täufling das über einhundert Jahre alte Taufkleid der Familie nur vorgehalten. Gemeindegesang entfällt, das Friedenszeichen, bei dem sich üblicherweise die Zusammenstehenden die Hände reichen, ist, auch mit desinfizierten Händen, wegen des Abstandes der Menschen nicht möglich. Segen, Kollekte an der Tür. Beim Abschied auf dem Parkplatz im Graupelschauer bekommen alle Anwesenden aus dem Kofferraum noch eine braune Papiertüte mit Leckereien.

Taufessen to go.

Es sind verrückte Zeiten.

© Jo Hagen